Ich komme gerade von einer interessanten Reise aus den Staaten zurück und widme meinen heutigen Blog-Beitrag den Chancen, die sich klassische Shopping Centren trotz, oder gerade wegen Plattformen (wie Amazon) heute und in Zukunft bieten.
Viel wurde schon über das Sterben von großen Malls und die vermeintliche Aussichtslosigkeit derer sich Retail-Investoren mit dem Aufkommen von Online Shopping stellen müssen, geschrieben.
Einiges davon mag stimmen und in Zeiten von Augmented Reality, 3D Druck und ArtificiaI Intelligence mag das Argument, dass man in Zukunft gar nicht mehr außer Haus gehen wird um seine Einkäufe zu tätigen, durchaus valide erscheinen. Dennoch lesen Sie heute über Chancen die sich bieten, wenn Shopping Center Besitzer sich trauen, digital zu denken und dementsprechende Konzepte auszurollen.
Standard muss stimmen
Dass helle, freundliche, gut angebundene Center in dem man sich gerne aufhält, gepaart mit speziellen Food-Konzepten und Entertainment-Programmen, von den Kunden als Standard-Konzept angesehen wird, ist klar.
10%-ige Frequenzsteigerungen wie bei der SCS in Vösendorf nach dem teuren Umbau (mehr Licht, mehr Relax Zonen, mehr Service) sind trotzdem keine Selbstverständlichkeit mehr. Trotz aller Freude über einen erfolgreich abgeschlossenen Umbau, denken die verantwortlichen Manager noch nicht „vernetzt“. Arnaud Burlin von Unibail Rodamco sieht beispielsweise die Customer Journey nur eindimensional: „Wichtig war uns bei der Modernisierung, die „Customer Journey“ vom Parkplatz über die neue Fassade bis zum Marmorboden innen zu verbessern“.
Customer Journey ist mehrdimensional
Bemerkenswert hingegen geht es Westfield an. Seit mehreren Jahren schon leistet sich der australische Investor mit @westfieldlabs eine eigene Future-Abteilung, die sich nur um die Zukunft des Einkaufens kümmert, und diese auch gleich in den eigenen Malls ausprobiert. Dass das Büro der WestfieldLabs gleich direkt in der Mall in San Francisco angesiedelt ist und Start Ups aus dem Bereich Retail sich dort kostenlos einmieten können, ist ein smarter Zug.
Für Themen wie ROPO (Research Online, Purchase Offline), same day delivery, showrooming usw. wurde hier für Shopping Center der Grundstein gelegt.
Der moderne Kunde ist ein hybrider Kunde, der sich online und offline gekonnt bewegt, vergleicht, dort und da einkauft, sich nicht mehr festlegen lässt und vor allem auch nicht mehr so loyal ist wie noch vor einigen Jahren. Diesem Umstand muss man mit einer nahtlosen Customer Journey Rechnung tragen, wenn man auch in Zukunft noch zu den Einkaufszentren gehören will, in denen sich die Kunden aufhalten.
Connecting Online und Offline
Sofortige Verfügbarkeit, Service und Testing als Schlüssel zum Erfolg.
Meines Erachtens unterscheidet sich ein erfolgreiches Shopping Center nur durch ausgezeichnete Beratung, die Möglichkeit dass der Kunde Anprobieren und Ausprobieren kann und die sofortige Verfügbarkeit von einer Plattform, wie Amazon.
Ich bin davon überzeugt, dass Shopping Malls in Zukunft nur dann erfolgreich sein werden, wenn es gelingt, die besten Features aus beiden Welten zu kombinieren:
Offline:
- Wohlfühlen (angenehme Atmosphäre, tolle Kulinarik, Beduftung, natürliches Licht…)
- Socialising (Freunde treffen, plaudern)
- Service (persönlicher, qualitiativer Service)
Online
- Search Verhalten analysieren (was sucht der User wann, wie oft, usw.)
- Touchpoints zum richtigen Zeitpunkt aktivieren (wann spricht man den Kunden, wie, mit welcher Information an)
- Daten-Akkummulation
Was meine ich damit:
Es muss gelingen, das online-Verhalten der Kunden offline umzulegen. Stellen Sie sich vor, sie suchen online nach roten Schuhen, kaufen aber bei Zalando nichts. Ich muss als Mall von Ihrem Wunsch nach roten Schuhen Bescheid wissen. Besuchen Sie mich dann nächsten Samstag, erkenne ich mittels Face Recognition, ob Sie männlich oder weiblich sind und in welcher Altersrange sie einzuordnen sind. Selbstverständlich ist Ihr Handy ebenso schon geortet, und optimalerweise haben Sie sich schon die Mall-App runtergeladen. So weiß ich, wo Sie sich in der Mall bewegen.
Kaum stehen Sie vor einem Schuhgeschäft, sende ich Ihnen via WhatsApp oder SMS ein Angebot für die passenden roten Schuhe zu. Sie brauchen die Schuhe nur noch zu probieren, bekommen, wenn Sie gleich kaufen noch -10% und einen Kinogutschein. Selbstverständlich ist die Lieferung der Schuhe zu Ihnen nach Hause kostenlos (wer trägt schon gerne Einkaufssackerl).
Aufgrund der Tatsache, dass ich durch Face Regocnition weiß, dass Sie ein Mann und zwischen 35 und 50 Jahre alt sind, mir die App sagt, dass Sie Schuhgröße 44 haben und ich aus dem hinterlegten Facebook-Account weiß, dass Sie sehr sportlich sind und gerne Radfahren, biete ich – sobald Sie bei einem Sportfachgeschäft vorbeikommen – Ihnen ein rot-schwarzes Rad-Trikot an.
Klar, dass Sie die Indoor-Navigation auf Ihrem Smartphone Sie zu einem Low-Carb-Restaurant führt und Sie schon unterwegs dorthin ordern können, um Ihnen bereits alles frisch gekocht servieren zu können wenn Sie eintreffen (damit Sie anschließend auch pünktlich zu Ihrem Kinofilm kommen).
Die Kunst der Shopping-Center Betreiber wird es also in Zukunft nicht sein, Quadratmeter möglichst hochpreisig zu vermieten, sondern Daten miteinander zu matchen und ihren Mietern perfekt aufbereitete Kundendaten zu liefern, um perfektes Cross- und Upselling zu betreiben.
Wir als Endkunden kennen diesen Service online schon lange. Denn nichts anderes macht Amazon mit „Kennen Sie schon?“ und freuen uns in den meisten Fällen schon über die passende Produktauswahl.
Herzlichst
Karin Kernmayer-Farr
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